Der Schwarzwald und der Regen
21. Juli 2018Schinkennudeln
13. August 2018Das Hornberger Schießen
Jetzt musst ich doch glatte 54 Jahre werden, um als Schwarzwälderin aus dem Kinzigtal das älteste Freilichtspiel Deutschlands zu erleben. Eingeladen wurde ich dazu, es war ein geniales Geburtstagsgeschenk an mich – Danke <3
Schon alleine die massiv gebauten Kulissen mit den an den Berg gebauten Zuschauertribünen sind ein Besuch wert. 1. Rang, 3. Reihe, Platz 130 und ich genieße schon mal den Ausblick…
…in der Kulisse der Stadtmauer sind Verkaufsräume eingerichtet. Dort hole ich mir vor Beginn der Aufführung eine Flasche Wasser. Es ist sehr warm an diesem Abend des Jahrhundertsommers 2018.
Pünktlich um 18 Uhr werden die Verkaufsläden geschlossen und der erste Darsteller bringt sich in Stellung. Dreimaliger Kanonendonner vom Berg gegenüber, unterhalb des Turms der Burgruine, lässt mich erstmal aufschrecken.
…das untere Stadttor öffnet sich und ein Reiter in prächtigem Kostüm auf seinem dunklen Pferd betritt die Szene. Er kündet mit einem Prolog von der Geschichte, die sich einst im Jahre 1564 hier in Hornberg im Schwarzwald zugetragen hat und ich bin wirklich recht gespannt auf das, was da wohl kommen mag. Den Reiter kenne ich auf jeden Fall, es ist Michael Ketterer von der gleichnamigen Brauerei in Hornberg. (Das ist keine Werbung, ich erhalte kein Geld für diesen Beitrag ;-))
Im Bären treffen sich am Abend die Hornberger Bürger, trinken viel Bier und erzählen sich das neueste vom Tag…
…auch der Nachtwächter Lauble, der Bürgermeister von Hornberg und sein Ratschreiber gesellen sich dazu. Sie sind ganz aufgeregt, denn der Herzog will auf seiner Reise durch das Land, nach dem endlich beendeten Krieg, in Hornberg halt machen…
Der Bürgermeister will am nächsten Morgen eine Bürgerversammlung einberufen. Dort soll beschlossen werden, was das Städtchen zu Ehren des Besuches des Herzogs ausrichten will.
Das Freilichtspiel ist ein wahrer Genuss für mich! Die Streitigkeiten zwischen Nachtwächter Lauble und dem Ratschreiber sorgen für viele Lacher – beides tolle Schauspieler und für mich die markantesten Charaktere des Stückes…
Faszinierend, wie ganze Familien im Stück mitspielen und mit ganzer Leidenschaft dabei sind. Ich bin begeistert!
Auf der Bürgerversammlung wird schließlich beschlossen, dass zum Besuch des Herzogs ein Schützenfest statt finden wird und er mit Kanonendonner empfangen werden soll. Schnell schnell muss alles gehen, in 14 Tagen wird der Herzog mit seiner Gemahlin in Hornberg eintreffen – und das Bier darf natürlich nicht vergessen werden, räumt der Bärenwirt geschäftstüchtig ein…
Dann ist eine halbe Stunde Pause angesagt. Ich kaufe mir eine Tasse Kaffee, ein Schmalzbrot und zum Dessert einen Schokokuss! Wirklich, das bietet der Historische Verein Hornberg als Leckerbissen an! Mmmmmhhh, war echt gut!
Nach einer halben Stunde sitzen mehrere hundert Zuschauer wieder auf ihren Rängen und das Spiel geht weiter. Diesmal öffnet sich das obere Stadttor und die Hornberger rollen ihre Bierfässer die Straße hinunter. Die Stadtfahne wird aufgerichtet und die Kanonen in Position gestellt…
Nach so viel Arbeit haben die Hornberger natürlich großen Durst. Und heiß ist es auch noch. Der Bärenwirt sorgt schon dafür, dass die Krüge der Männer immer voll sind…
…und auch Nachtwächter Lauble, der nach dem Herzog Ausschau halten muss, ist mächtig durstig!
Dreimal schießen die Kanonen zum Eintreffen des Herzogs. Jedoch sind es beim ersten Mal nicht der Herzog und seine Frau, sondern ein paar Rindviecher. Beim zweiten Mal war es ein fahrender Krämerwagen und beim dritten Mal war es nur die Postkutsche. Schließlich stellen die total betrunkenen Männer fest, dass sie kein Pulver mehr haben. Was tun, wenn nun der Herzog kommt?
„Das Pulver ging aus zur schönsten Stund‘, so dass man nicht mehr schießen konnt‘! Was machen wir nun? Wir werden trotzdem ihn erfreu’n und alle kräftig „piff paff“ schrei’n.“
Dies ist die einzige passable Idee, die von Nachtwächter Lauble kommt, und so übt der Bürgermeister mit seiner Bürgerwehr das Piff-Paff-Schreien…
Ich weiß, man dreht keine Videos in Hochformat – mein Sohn hat schon mit mir geschimpft! Aber ich war so in meiner Begeisterung verfallen, dass ich darauf nicht mehr achten konnte 😉
Na ja, jedenfalls war der Herzog nicht begeistert über die Posse der Hornberger. Diese erklärten ihm jedoch, dass es sooooo heiß war und sie soooo Durst hatten – und der Herzog möge ihnen doch verzeihen. Sie wollen ihn nun zum Schützenfest einladen und alles wieder gut machen.
Wie bei allen Theaterstücken, kommen in der Schlussszene nun alle Darsteller und Komparsen ins Bild – ein schönes Bild – und man kann allen ansehen, dass sie mit Leidenschaft im Spiel waren. Vor allem hat das Publikum das registriert und ein langer Applaus beendet die Vorstellung…
Das Stück hat Witz und Kultur, die Laiendarsteller spielen so charmant ihre Rollen und man lernt dabei die Schwarzwälder noch ein bisschen besser kennen. Ich kann nur jedem Schwarzwälder und jeder Schwarzwälderin empfehlen: einmal im Leben zum Hornberger Schießen zu gehen. Ich hab’s nicht bereut und wurde auf amüsanteste Weise an ein alt bekanntes Sprichwort erinnert! Das Wetter hat super mitgespielt und wir Zuschauer gingen gut gelaunt auf den Heimweg…
Die Tage danach war ich überrascht, wie viele meiner Freunde und Bekannte noch nie dort waren – nämlich alle haben diese tolle Aufführung noch nie gesehen! Nun seid Ihr mal dran! Besucht Hornberg und eine Vorstellung in der Freilichtbühne.
Viel Spaß garantiert Euch Eure
schwarzwaldlieb
„Soeben habt ihr es gesehn was einst in Hornberg ist geschehn.
Sie schossen in die Luft hinaus und dabei ging das Pulver aus.
Drum die Moral von der Geschicht´, verschieß´zu früh dein Pulver nicht!
Ein Leben stets in Saus und Braus, geht wie das „Hornberger Schießen“ aus.“
2 Comments
Schöner Beitrag. Danke für die Informationen und Bilder.
Wir haben das Spektakel mal in eine 2-Tages-Radtour eingebunden … mit dem E-Bike zugegebener Maßen. 😉 … und waren auch begeistert.
Viele Grüße, Silke und Thomas.
Danke, liebe Silke, lieber Thomas! Ja, es lohnt sich wirklich und es war ein tolles Erlebnis. Und übrigens… E-Bike fahren macht mir auch Spaß 🙂
Alles Gute für Euch und ich folge Euch weiterhin überall hin 😉
Sonja